Die Europäische Zentralbank (EZB) will frühestens im kommenden Jahr von ihrer bisherigen Nullzinspolitik abrücken. Der Leitzins liegt seit März 2016 bei 0,0 Prozent und soll nach den Worten von EZB-Präsident Mario Draghi auch „über den Sommer 2019“ hinaus auf diesem Niveau verharren. Dies bekräftigte Draghi jetzt vor dem Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel. Anleihen-Kaufprogramm soll …
Die Europäische Zentralbank (EZB) will frühestens im kommenden Jahr von ihrer bisherigen Nullzinspolitik abrücken. Der Leitzins liegt seit März 2016 bei 0,0 Prozent und soll nach den Worten von EZB-Präsident Mario Draghi auch „über den Sommer 2019“ hinaus auf diesem Niveau verharren. Dies bekräftigte Draghi jetzt vor dem Währungsausschuss des EU-Parlaments in Brüssel.
Anleihen-Kaufprogramm soll Ende des Jahres auslaufen
Damit widersprach er EZB-Ratsmitglied Ewald Novotny, der sich zuletzt für einen schnelleren Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik der Zentralbank stark gemacht hatte. Vor den Abgeordneten sagte der EZB-Präsident, dass der Preisdruck im Euroraum „relativ stark“ zugenommen habe und in den kommenden Monaten mit einem weiteren Anstieg zu rechnen sei. Als Grund führte er einen anziehenden Arbeitsmarkt an, der auch zu einem stärkeren Lohnwachstum führe. So seien Tariflöhne im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent gestiegen – ein Wert, der im ersten Quartal 2018 mit 1,7 und im zweiten Quartal mit 2,2 Prozent deutlich übertroffen wurde. Experten interpretierten Draghis Wortwahl als deutliches Zeichen hin zu einer strafferen Geldpolitik.
Ab Oktober sollen zunächst die monatlichen Anleihenkäufe auf 15 Milliarden Euro halbiert werden. Sollte die Konjunktur den Planungen keinen Strich durch die Rechnung machen, will die Zentralbank ihr Anleihenkaufprogramm anschließend zum Jahresende komplett einstellen. Die Bank wird dann Anleihen im Gesamtwert von rund 2,6 Billionen Euro aufgekauft haben. Vor dem Ausschuss des EU-Parlaments forderte Draghi zudem weitere Reformen in Europa: „Heute, zehn Jahre nach dem Start der Finanzkrise, gibt es immer noch wichtige unerledigte Aufgaben, wenn es darum geht, den finanzpolitischen gesetzlichen Rahmen zu verbessern.“ Unter anderem diskutieren die EU-Staaten darüber, den Euro-Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfonds mit größeren Befugnissen auszuweiten. Strittig ist zudem seit langem die Einführung eines gemeinsamen Sicherheitssystems für Bankeinlagen.
Euro klettert auf Höchststand
Die Aussagen des EZB-Präsidenten sorgten für teils deutliche Ausschläge an den Finanzmärkten. Der Euro kletterte zeitweise auf 1,1815 US-Dollar und erreichte damit seinen höchsten Stand seit Juni. Auch bei Euro-Staatsanleihen kam es zu kräftigen Rendite-Anstiegen. Die Aktienmärkte insgesamt vergrößerten jedoch ihre Verluste.